Vorsicht, Stolperfallen!

„Wenn der Arbeitgeber mich dreimal abgemahnt hat, kann er mich kündigen.“

Diese Entscheidung führt uns zu einer der angeblich besonders ausgeprägten Tugenden der Deutschen: Pünktlichkeit. Der Arbeitgeber hatte einen Arbeitnehmer entlassen, da dieser an verschiedenen Tagen unpünktlich zur Arbeit erschienen war. Zuvor hatte er den Arbeitnehmer wegen ähnlicher Unpünktlichkeit wiederholt abgemahnt. Das Bundesarbeitsgericht musste sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob die wiederholten Abmahnungen für eine Kündigung ausreichten und ob diese überhaupt wirksam erteilt worden waren. Inwieweit diese Abmahnungen wirksam waren und damit auch die Kündigung gerechtfertigt war, lesen Sie hier:

Leitsatz: 2 AZR 609-00 LS | Urteil: 2 AZR 609-00 U ppBeschluss: 2 AZR 609-00 BB pp

Unsere Stolperfalle zu diesem Thema:

#5 „Wenn der Arbeitgeber mich dreimal abgemahnt hat, kann er mich kündigen.“

Dies ist eine weit verbreitete Annahme, für die es sicherlich auch vermeintliche Praxisbeispiele gibt. Allerdings existiert eine solche Regel nicht. Der Grund: Da jeder Fall anders ist und einzeln beurteilt werden muss, folgt die Anwendung des Arbeitsrechts keinen starren Regeln. Arbeitsgerichte treffen also immer Einzelfallentscheidungen.

Unstrittig dabei ist: Abmahnungen dienen dazu, den Mitarbeiter für ein konkretes Fehlverhalten zu rügen und ihn gleichzeitig aufzufordern, sich in Zukunft vertragsgemäß zu verhalten. Zudem werden ihm im Wiederholungsfall ernsthafte arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses angedroht. Erfüllt eine Abmahnung diese formalen Voraussetzungen nicht, so kann auf ihrer Grundlage später keine wirksame Kündigung ausgesprochen werden.

Das bedeutet, dass einem Mitarbeiter – je nach Fall – bereits nach der ersten Abmahnung gekündigt werden kann, sofern er sich danach eine weitere gleichartige Vertragsverletzung zu Schulden kommen lässt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann jedoch beispielsweise ein Diebstahl bei entsprechender Geringfügigkeit als Bagatelldelikt (vgl. Kapitel 8) bewertet werden, sofern
der Mitarbeiter längere Zeit ohne Beanstandungen im Unternehmen tätig war. Hier ist also eine sorgfältige Prüfung empfehlenswert.

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