Nachtarbeits- und Feiertagsarbeitszuschläge
– Kommentar zum Urteil des BAG vom 20.09.2017, 10 AZR 171/16 –
Das Bundesarbeitsgericht hat sich schon oft als Schutzinstanz für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer „geoutet“. Im aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts setzt es diese Tradition fort und zwar völlig zurecht.
Worum ging es?
In der Sache ging es die Nachtarbeits- und Feiertagszuschläge eines sächsischen Arbeitgebers aus der Metall- und Elektronikindustrie. Im geltenden Tarifvertrag war vorgesehen, dass ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % auf den tatsächlichen Stundenverdienst bezahlt werden sollte. Dieser lag bei der klagenden Arbeitnehmerin gerade einmal bei 7,00 EUR. Die Arbeitgeberin berechnete auf dieser Grundlage den Nachtzuschlag von 25 %, sodass gerade einmal eine Vergütung für Nacharbeit- und Feiertagsarbeit von 8,75 EUR herauskam.
Und was war daran falsch?
Dass dieses Vorgehen der Arbeitgeberin absolut falsch ist, zeigt sich bereits anhand von § 3 MiLoG. Dort heißt es: „Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam.“ Die Vergütung mit Mindestlohn ist demnach unabdingbar.
Das hat der Gesetzgeber auch so klar in der Gesetzesbegründung(1) zum Mindestlohngesetz zum Ausdruck gebracht: „Der Mindestlohn darf nicht durch missbräuchliche Konstruktionen umgangen werden. § 3 sichert den Anspruch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf den Mindestlohn. […]“
Insofern ergibt sich in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall, dass der Mindestlohnanspruch nicht unterschritten werden darf. Geht man insofern von einem zur Entscheidung erheblichen Mindestlohn von 8,50 EUR aus müssten hierdrauf die 25 % aufgerechnet werden. Dies würde demnach zu einem Zuschlag in Höhe von 2,13 EUR (gerundet) und damit zu einer Stundenvergütung von 10,63 EUR führen.
Dies ist natürlich ein erheblicher Unterschied für den Arbeitnehmer, zumal die Nachtzuschläge auch steuerfrei sind! Das Bundesarbeitsgericht hat ferner klargestellt, dass diese Rechtsprechung sich auch ohne Probleme auf Feiertagszuschläge und Urlaubsgeld übertragen lässt.
(1) Vgl. dazu die BT-Drucksache 18/1558, Seite 35.
Warum ist das Urteil so wichtig?
Das BAG bekennt sich zunächst einmal zum Grundsatz der Unabdingbarkeit des Mindestlohnes. Dadurch stärkt er in erheblichem Maße die Verhandlungsposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Diese können jetzt gestärkt (mit dem jeweiligen Betriebsrat oder anderer Arbeitnehmervertretung) den Arbeitgebern gegenübertreten und den Mindestlohn als Berechnungsgrundlage einfordern.
Es ist die Konsequenz des Bundesarbeitsgerichts, die sich durch eine Reihe von Entscheidungen zum Mindestlohn zieht. Eine Grundsatzentscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zu Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urteil vom 25. Mai 2016, Az. 5 AZR 135/16 gefällt. Zudem hat das BAG im Urteil vom 29.06.2016 – 5 AZR 716/15 entschieden, dass der gesetzliche Mindestlohn nach dem MiLoG für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen ist und zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit auch Bereitschaftszeiten zählen. Konsequenterweise hält sich dabei das Bundesarbeitsgericht stets an die Unabdingbarkeit des MiLoG.
Fazit
Die Arbeitgeber sollten sich klarwerden, dass der Anspruch des § 1 Abs. 1 MiLoG gilt. Demnach: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitgeber hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns durch den Arbeitgeber.“
Und wenn wir – bei allen Schwierigkeiten, die Gesetze mit sich bringen – mal ehrlich sind: So schwer zu verstehen, ist das wirklich nicht.