Stellen Sie sich mal Folgendes vor: Ihr Arbeitgeber, bei dem Sie seit 20 Jahren beschäftigt sind, wird insolvent. Nach ordnungsgemäßen Insolvenzantrag des Arbeitgebers (§ 13 InsO) stellen sich natürlich für jeden Beschäftigten entscheidende Zukunftsfragen.
Bekomme ich noch meinen Lohnanspruch vom letzten Monat ausgezahlt? Muss mir der Arbeitgeber auch meine letzte Dienstreise erstatten?
Grundsätzlich hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Auswirkung auf die Fortgeltung des allgemeinen Arbeitsrechts. D.h. es gilt in allen Belangen, egal ob Kündigung oder rückständiges Arbeitsentgelt, dass der Schutz der Arbeitsgesetze fortbesteht. In gewissen Fällen können allerdings besondere Regelungen des Insolvenzrechts in das Arbeitsrecht eindringen und dieses (teilweise) sogar verdrängen.
Was dies bedeutet, zeigt sich vor allem anhand der Frage, welche Ansprüche der Arbeitnehmer in der Insolvenz gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen kann. Fest steht dabei, dass alle Lohn-, Gehalts- und sonstige Vergütungsansprüche zunächst in jene untereilt werden müssen, die vor Eröffnung des Konkursverfahrens und jene, die nach Eröffnung des Konkursverfahrens entstanden sind.
Hierbei gilt: Sämtliche Forderungen auf rückständiges Arbeitsentgelt, also aus der Zeit vor Eröffnung des Konkursverfahrens, sind sog. einfache Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO. Die Ansprüche hingegen, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, gelten als Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
Die einfachen Insolvenzforderungen müssen im förmlichen Verfahren beim Insolvenzverwalter angemeldet werden. Sie müssen dem Insolvenzverwalter durch geeignete Belege nachgewiesen werden. Die Masseverbindlichkeiten hingegen muss der Insolvenzverwalter ohne förmliche Anmeldung von sich aus berücksichtigen. Masseverbindlichkeiten haben nach der Insolvenzordnung Vorrang vor den einfachen Insolvenzforderungen.
Das bedeutet, dass es wesentlich vielversprechender ist, seine Ansprüche aus der Masseverbindlichkeit zu erhalten. Zu berücksichtigen ist dabei vor allem auch, dass die Insolvenzmasse natürlich nur begrenzt ist. Dies liegt in der Natur des Insolvenzverfahrens. Also ist es demnach deutlich unwahrscheinlicher eine einfache Insolvenzforderung, also das rückständige Arbeitsentgelt, zu erhalten.