Das Wegerisiko im Arbeitsverhältnis

Wir erinnern uns jedes Jahr aufs Neue an die ersten Schneefälle. Die Autobahnen sind verstopft, der ÖPNV kommt nicht voran. Verkehrschaos! Viele Arbeitnehmer kommen zu spät zur Arbeit.

Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer trotzdem seinen „vollen“ Lohn- bzw. Gehaltsanspruch einfordern kann. Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn! Allerdings bestimmt § 616 BGB, dass der Arbeitgeber zur Fortzahlung des Arbeitslohnes verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer aus „in der Person“ des Arbeitnehmers liegenden Gründen seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann.

Das Gesetz fordert also, dass der Verhinderungsgrund mit der Person des Arbeitnehmers verknüpft ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer einen Arzttermin wahrnehmen muss. Ereignisse wie Naturkatastrophen, Eisglätte, Stau, Streik im ÖPNV hingegen liegen eindeutig nicht in der Person des Arbeitnehmers. Daher ist der Arbeitgeber in diesen Fällen nur dazu verpflichtet den Arbeitnehmer für die Zeit zu bezahlen, in denen er seine Arbeitsleistung tatsächlich erbracht hat.

Natürlich kann der Arbeits- oder Tarifvertrag eine günstigere Regelung enthalten. Dem Arbeitgeber ist es stets unbenommen eine freundlichere Praxis gegenüber seinen Mitarbeitern anzuwenden.

Es lässt sich festhalten, dass das Wegerisiko beim Arbeitnehmer liegt. Es ist an ihm verantwortungsvoll und vorausschauend zu planen und entsprechende Anfahrtszeiten unter den besonderen Umständen des Lebens einzukalkulieren. Aus genau den gleichen Gründen ist ein Unfall, der auf dem Weg zur Arbeit im öffentlichen Verkehrsraum passiert auch nicht als Arbeitsunfall einzustufen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Unfall auf dem Betriebs- oder Werksgelände stattfindet.

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Rechtsanwalt Erwin Blätterman und Fachanwältin für Arbeitsrecht Martina Kelp